– es nicht der Erlkönig, sondern die Mutter mit ihrem Kind.
Es ist Samstag Abend, kurz vor Sonnenuntergang. Ein netter Frühlingstag geht de Ende entgegen, als wir uns auf den Weg machen. Das Kind und ich wagen ein Abenteuer – ich nichts ahnend und das Kind mit nervöser Aufregung. Eigentlich wollte Papa, seine Mädels zu dieser geführten Nachtwanderung aus dem Haus locken. Der hatte aber Corona und ist platt wie ne Flunder auf dem heimatlichen Sofa liegengeblieben.
Augen zu und durch – ach nee warte, ist ja eh schon dunkel genug – da sollten die Augen wohl lieber aufbleiben, aber die Taschenlampen aus, denn nur so haben wir vielleicht eine Chance, sagt Tim unserer Wanderleiter, die eigentichen Stars des Abends zu sehen.
Die beiden Schönheiten auf diesem Bild sind hier die örtlich am häufigsten vorkommenden Eulenarten und gerne zwischen den Wanderwegen des Carkeek Parks zu Hause. Wir kommen hier ohnehin gerne hin. Die Sonnenuntergänge sind immer wieder atemberaubend. Doch noch nie waren wir nachts da.
Bevor es losgeht und sich der Mondschein zwischen den Bäumen breitmacht, fordert Tim die teilnehmenden Kids zu einer kniffligen Aufgabe heraus. Wie wir lernen, verdauen Eulen nämlich nur einen Teil ihrer Beute und spucken den Rest in kleinen Fellkügelchen wieder aus.
Bevor ich Igitt schreien kann, haben die kleinen Forscher schon Skapell und Pinzette in der Hand.
Aus dem Fellknäuel werden Sammelsurien von winzig kleinen Knochen geborgen – man ist sich sicher: Die Eulen haben hier Mäuse verspeist. Während ich tapfer versuche, meine Contenance zu bewahren, kiichert Tim sichtlich erheitert in seinen Dreitagebart während die Kinder ihren Sieg feiern.
Endlich kann es losgehen. Als wir losmarchieren ist das Kind noch zuversichtlich, man kann ja schließilch noch Einiges um uns rum ganz gut erkennen. Nach wenigen Minuten ändert sich das aber schnell. Es wird stockduster. Das Kind verinnerlicht plötzlich das Konzept der Nachtwanderung und möchte spontan umkehren. Auch mir ist mulmig. Das letzte Mal das ich Nachtwanderungen lustig fand, war im zarten Teenageralter – also quasi gestern. Wäre Papa jetzt dabei gewesen, hätte man ihm die Aufgabe des mutig seins einfach in die Schuhe schieben können. Hilft nix, heisst es dem Kind gut zureden, damit es den Vorwärts- statt den Rückwärtsgang einlegt. Leichter gesagt als getan. Als jemand aus der Gruppe Tim fragt, was denn eigentlich noch so für Tiere im Wald zu erwarten sind und man über Cougars, Kojoten und Schlangen debattiert, ertappe ich mich auch bei dem Gedanken jetzt lieber zu Hause sein zu wollen.
Wir Mädels sind tapfer und schreiten mit der Gruppe voran – immer tiefer in den Wald hinein.
Und da, gar nicht weit von uns hören wir einen Eulenruf. Mehrmals. Langsam kommen wir dem Ruf näher. Plötzlich plärrt es von der anderen Seite deutlich lauter und als wäre die Eule gerade betrunken vom Barhocker gefallen – kurz darauf bahnen sich zwei kicherende Nachtwanderer durchs Gehölz und haben nicht nur uns sondern auch die Eule erschreckt.
Vollpfosten raunt es mir durch den Kopf. Tim nimmt es gelassen. Wir setzen unseren Weg fort und da die Eule erstmal nicht auffindbar ist, schlägt er zur Unterhaltung vor, einen Teil des Weges mal mit geschlossenen Augen zu begehen. Schnurtracks und mit einem vermutlich frei interpretierbarem Verständnis von geschlossenen Augen ist die kleine Madame gleich unter den ersten Mutigen dabei. Wenn die kleine Pfadfinderin das kann, dann ich ja wohl auch, denke ich mir, während ich zweimal fast den Abhang runterpurzle und beinahe ungebremst in die grinsende Gruppe Vorangelaufener reindonnere. Keiner verletzt – puh.
Die Fährte zur Eule haben wir derweil endgültig verloren. Dafür stehen wir am Ozean. Das Wellenrauschen, der klare Nachthimmel, das Glitzern der Stadt – allein dafür hat sich das ganze Abenteuer gelohnt. Wir treten den Heimweg an – ohne Erfolg aber keineswegs unglücklich. Es wird Zeit. Dem Kind fallen schon fast die Augen zu. Noch bevor der Motor unseres Autos startet, gähnt es glücklich vom Rücksitz: “Das war schön!” Dann Ruhe. Die kleine Abenteuerin ist eingeschlafen.
ja, das wars.